
Der Fall Benko erweckt bei der Allgemeinheit den Eindruck, Stiftungen seien ein unantastbares Bollwerk für Vermögensschutz. Unter gewissen Voraussetzungen können Vermögensübertragungen an die Stiftung angefochten und Stiftungen aus gläubigerschutzrechtlichen Erwägungen aufgelöst und abgewickelt werden.
Das Privatstiftungsgesetz
Mit der Einführung des Privatstiftungsgesetzes im Jahr 1993 hat der österreichische Gesetzgeber eine moderne Stiftungsform für Österreich geschaffen, die insbesondere der Absicherung des Vermögens, der Vermeidung der Zersplitterung durch Erbschaften, der geordneten Unternehmensnachfolge und der langfristigen Begünstigung von Familienmitgliedern, Mitarbeiter*innen oder anderen Zielgruppen dienen soll.
Das Privatstiftungsgesetz definiert die Privatstiftung als einen Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung oder Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen. Der Stiftungszweck darf nicht gegen zwingendes Recht verstoßen oder sittenwidrige Zwecke verfolgen. Im Gegensatz zu den meisten anderen juristischen Personen wie einer GmbH hat die Privatstiftung weder Eigentümer*innen noch Mitglieder oder Gesellschafter*innen. Es wird dem „eigentümerlosen“ Vermögen Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Am Stiftungsvermögen ist auch der Stifter weder Beteiligter noch Teilhaber. Die Errichtung einer Privatstiftung führt durch die Vermögenswidmung zu einer wirtschaftlichen Verselbständigung des Vermögens, welches in weiterer Folge ausschließlich auf Grundlage des Stiftungszwecks und dem erklärten Willen des Stifters sowie nach dem Ermessen des Stiftungsvorstands zu verwenden ist. Durch die Errichtung der Privatstiftung verliert auch der Stifter den Zugriff auf das Vermögen. Er kann in das Stiftungsgeschehen grundsätzlich nicht mehr eingreifen. Einflussmöglichkeiten können sich nur aus der Stiftungserklärung, so insbesondere aus dem Recht zur Änderung der Stiftungserklärung und zum Widerruf der Privatstiftung, darüber hinaus aus sonstigen vorbehaltenen Stifterrechten ergeben. Für die Privatstiftung gilt wie für andere Körperschaften das Trennungsprinzip. Dies bedeutet, dass ein Durchgriff durch die Rechtsform der Privatstiftung und eine Zurechnung der Einkünfte an die dahinterstehenden Personen (Stifter, Begünstigte oder auch sonstige Personen) in der Regel ausgeschlossen sind.
Vermögenszuwendungen an die Privatstiftung können nach allgemeinen Bestimmungen der Anfechtung unterliegen. Dadurch wird verhindert, dass sich ein Schuldner zulasten seiner Gläubiger*innen seines Vermögens durch entsprechende Widmung an eine Privatstiftung entledigt. Relevant sind hier der Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung und der Zeitpunkt von Vermögensübertragungen an die Stiftung, da diese für insolvenzrechtliche Fristen im Fall der Privatinsolvenz des Stifters eine Rolle spielen können. Einschlägig sind hier insbesondere die Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht und die Anfechtung unentgeltlicher und ihnen gleichgestellter Verfügungen. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn der Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes keine wirkliche Gegenleistung gegenübersteht. Beispiele für unentgeltliche Verfügungen sind Geschenke oder Spenden, die in den zwei Jahren vor der Insolvenz erfolgten. Benachteiligungsabsicht liegt vor, wenn der Schuldner mit Wissen um die drohende Zahlungsunfähigkeit wissentlich und willentlich Vermögenswerte verschiebt, um sich oder andere zu begünstigen.
Der Fall Benko
Im Fall Benko gibt es bekanntlich mehrere Stiftungen, im Rahmen derer Vermögensübertragungen einer Anfechtung unterliegen könnten. Die von René Benko und seiner Mutter mit Stiftungsurkunde vom 22. Dezember 2006 errichtete und am 30. Jänner 2007 eingetragene „Laura Privatstiftung“ enthält einen Großteil des Benko-Vermögens und dient dem Zweck der Förderung der begünstigten Personen. Ein kritischer Blick ist insbesondere auf den tatsächlich verfolgten Zweck dieser Stiftung, deren mehrfache Änderungen der Satzungsurkunde und deren Motivation zu legen, die nach ihrer Gründung erfolgt sind. Auch ist in einer Gesamtschau zu den jeweiligen Zeitpunkten der Stiftungserrichtung den folgenden Satzungsänderungen und Zuwendungen ein kritischer Blick auf die von Rene Benko gegründeten mehr als 1.130 Gesellschaften zu richten, weil sich hier die Frage stellt, warum ein Unternehmer wie René Benko bei Schaffung seiner Signa-Gruppe eine derart hohe Anzahl an GmbHs gründet und dabei ungeachtet der mit der starken Zersplitterung einhergehenden mangelnden Transparenz auf eine konsolidierte Konzernbilanz verzichtet hat.
Es stellt sich auch die Frage, ob die Stiftung als verlängerter Arm des insolventen Schuldners René Benko genutzt wurde und er die faktische Kontrolle über die Stiftung ausübte. Dann könnten möglicherweise auch bestimmte Rechtsgeschäfte innerhalb der Stiftung vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Aber könnte in diesem Zusammenhang auch die gesamte Konstruktion der Stiftung in Frage gestellt werden, denn das Privatstiftungsgesetz schreibt beispielsweise auch vor, dass ein Begünstigter, dessen Ehegatte, dessen eingetragener Partner, dessen Lebensgefährte und Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind (nahe Angehörige), nicht Mitglieder des Stiftungsvorstandes sein können. In der Stiftungsurkunde der Laura Privatstiftung findet sich die Bestimmung, dass die Stifter, mithin René Benko und Ingeborg Benko, und die Nachkommen von René Benko unter Einschluss von Wahlkindern die Begünstigten sein werden. René Benko übte zwar nicht offiziell eine Vorstandstätigkeit aus, aber wenn sich im Zuge der angestrengten Gerichtsverfahren herausstellen sollte, dass er in seiner Insolvenz faktisch wie einer agierte und gleichzeitig auch dem Kreis der Begünstigten zugehörig ist, wäre dies in seiner Gesamtkonstruktion schon per se rechtswidrig. Gegebenenfalls wäre dann eine Auflösung und Abwicklung der Privatstiftung unter Beachtung der gläubigerschutzrechtlichen Bestimmungen in Gesamtanalogie zu § 216 AktG iVm § 40 FBG und § 35 PSG denkbar.
Außerdem wäre auch unbedingt zu hinterfragen bzw. zu überprüfen, ob es möglich- erweise mit der Gründung der zahlreichen GesmbHs überhaupt möglich gewesen ist, einen derartigen Schuldenstand von immerhin mehr als 40 Milliarden Euro (!!!) anzuhäufen. Hier könnte möglicherweise der Vorsatz für einen möglichen strafrechtlich relevanten Tatbestand wie z.B. den des Betruges festgestellt werden.
Auch wäre zu prüfen, ob hier nicht eine gesetzliche Änderung notwendig wäre, da ja der zuständige Richter des Firmenbuches des jeweiligen Landesgerichtes zu verpflichten wäre, zu hinterfragen bzw. zu überprüfen, warum eine Einzelperson überhaupt so viele GesmbHs registrieren lässt (hier müsste z.B.eine schlüssige sowie nachvollziehbare und begründete Erklärung eingeholt werden...!). Immerhin sollen z.B. beim Landesgericht Innsbruck mehr als 400 GesmbHs registriert worden sein.
Es bleibt sohin viel zu tun, und zwar nicht nur für die ermittelnden Behörden und Ge- richte, sondern auch für die Politik sowie den zuständigen parlamentarischen Institutionen.
Text: Hermann Holzmann

