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Wirtschaft

Sonnenkraft

2.6.2025

Der 3. Mai, der Tag vor dem Star Wars Day („May the force/4th be with you“) steht alljährlich ganz im Zeichen der Sonne. Es ist dies ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. 2024 wurden in Tirol 780.000 Quadratmeter an Photovoltaik-Modulfläche errichtet und die installierte Leistung auf rund 550 Megawatt-Peak erweitert. Damit kann in Tirol über ein Jahr betrachtet aktuell so viel Strom erzeugt werden, wie rund 153.000 Haushalte durchschnittlich benötigen. Im Jahr 2023 waren es noch 112.000. Der Trend geht allgemein in Richtung mehr Leistung auf kleinerer Fläche, weil die Module effizienter werden.
 
Die Tiroler Ziele sind ambitioniert: Bis 2050 soll die Kraft der Sonne für eine jährliche Stromproduktion von rund 4.500 Gigawattstunden sorgen, was fast einem Drittel des für 2050 prognostizierten Stromverbrauchs entspricht. Der Kurs stimmt. Das hängt vermutlich auch mit dem Umstand zusammen, dass längst nicht mehr nur Dachflächen für die Ausrüstung mit PV-Paneelen in Frage kommen, sondern zunehmend auch Fassaden, Balkongeländer oder Carportdächer.
 
Baustoff der Zukunft

Photovoltaik und Ästhetik ist kein Widerspruch mehr, es gibt elegante Vollglas- ebenso wie farbige PV-Module. Am Vormarsch ist auch die sogenannte gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV – building integrated photovoltaic), bei der nicht mehr allein die Energiegewinnung, sondern auch eine architektonische, bauphysikalische und konstruktive Einbindung von PV-Elementen im Zentrum stehen. Dabei erfüllen die Module auch Funktionen wie Witterungsschutz, Wärmedämmung, Abschattung und Schalldämmung und setzen nicht zuletzt ästhetische Akzente. Mittels BIPV lassen sich sogar Kosteneinsparungen beim Bau realisieren, weil Baustoffe wie Dachziegel oder Materialien, die der Verkleidung der Gebäudehülle dienen, durch Module ersetzt werden können. Eine PV-Fassade ist mit zunehmender Nutzungsdauer irgendwann sogar günstiger als eine verputzte Fassade, wie verschiedene Berechnungen zeigen. Zudem hat sie genauso wie der PV-Zaun den Vorteil, dass im Winter auf den vertikalen Flächen kein Schnee liegen bleibt.
 
Bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik verschmilzt Architektur mit Klimaschutz. Unter Architekten erfreut sich die aufgesetzte Photovoltaikanlage hingegen keiner besonderen Beliebtheit, wird sie doch als weitgehend unästhetisch empfunden. Mit BIPV könnte sich das ändern. „Solararchitektur ist nicht nur Technik, sondern auch Gestaltung. Photovoltaik kann ein ästhetisches Element sein, wenn sie von Anfang an in den Entwurf integriert wird“, argumentiert der österreichische Architekt Georg W. Rheinberg in seinem Buch „Architektur für eine solare Zukunft“. In seinem Vorwort schreibt Architekturtheoretiker Matthias Boeckl: „‚Solare Architektur‘ wird erst dann zur breit gelebten Baukultur avancieren, wenn sie es mit ihren Technologien zuwege bringt, die berechtigten emotionalen Bedürfnisse der Nutzer nach vielfältigsten Raumformen, nach dem ‚Luxus zweckfreier Elemente‘, nach konsequent individualisierbaren Bautypen, Bautechniken und Bauformen zu erfüllen.“ Man dürfe dabei, so Boeckl, „mit dem Raum nicht verschwenderisch umgehen, aber auch keine trostlosen Landschaften aus Kisten mit Solarpaneelen produzieren.“ Bei Neu- und grundlegenden Umbauten gibt es naturgemäß größere Gestaltungsspielräume als bei der Nachrüstung, wo in der Regel auf einfach zu montierende Aufdachsysteme gesetzt wird.
 
In Trins geht die Sonne auf
 
Ein Traditionsunternehmen in Sachen Solar-energie ist die Trinser Firma Hilber Solar, die bereits 1991 von Franz Hilber gegründet und seit 2019 von Thomas Hilber geführt und weiterentwickelt wird. In Trins hat man sich auf die Entwicklung ganzheitlicher, skalierbarer Energielösungen fokussiert, von den dort entwickelten Produkten kann man sich im firmeneigenen Innovationspark übrigens selbst ein Bild machen. Dazu gehören innovative mobile Off-Grid-Systeme ebenso wie Agri-PV-Systeme oder Carport-Anlagen, die auf einem patentierten Hybridfundament stehen können. Das Unternehmen arbeitet als Alternative zu konventionellen Stahlkonstruktionen an tragenden Bauteilen für PV-Carports, Fassaden und Agri-PV aus nachwachsenden Rohstoffen. „Dabei werden Materialien wie Flachs oder Holzfaser in innovativen Verfahren so verarbeitet, dass sie eine außergewöhnliche Tragfähigkeit mit filigraner Formensprache vereinen“, erklärt Hilber, dem die Natur als gestalterisches und statisches Vorbild dient: „Die organisch geformten Trägerstrukturen erinnern an natürliche Wuchsformen wie Baumstämme oder Äste und eröffnen völlig neue ästhetische Ansätze in der Architektur.“
 
Apropos Wuchs: Bei der Agri-Photovoltaik ist das Unternehmen über eine sogenannte DIN SPEC in die Entwicklung von DIN-Standards involviert. Thomas Hilber hat eine These, warum das Konzept Agri-PV in Tirol bislang nicht Fuß gefasst hat: „Weil es uns, was die Bodenqualität anbelangt, in Tirol noch sehr gut geht. An anderen Orten ist das anders, dort profitieren die zu trockenen Böden davon, dass Agri-PV wesentlich zu einem besseren Mikroklima beitragen kann.“ Mit 15 Jahren einschlägiger Erfahrung und mittlerweile fünf Produktgruppen gehört das Unternehmen aus Trins zu den Vorreitern bei dieser Technologie, die Energieerzeugung und landwirtschaftliche Produktion zum wechselseitigen Nutzen vereint. Es steht zu erwarten, dass mit dem Fortschreiten des Klimawandels auch in Gunstlagen die Nachfrage nach Agri-PV steigen wird, mit der man zudem zukünftig dem für den Obstbau so bedrohlichen Frühjahrsfrost zu Leibe rücken können soll. „Wir arbeiten gerade daran, dieses Problem in den Griff zu bekommen“, sagt Hilber, der dabei auf Module setzt, die mechanischen Belastungen durch Unwetter und vor allem Hagel widerstehen können. „Wir haben eine Energiekrise hinter uns, vor uns steht eine Ernährungskrise, die noch weit gravierender ausfallen kann“, sagt Hilber, der es aus diesem Grund für geboten hält, dass es in der Nahrungsmittelproduktion größtmögliche Autonomie gibt. Dazu will er mit seinen Agri-PV-Lösungen einen Beitrag leisten. Die Bodenversiegelung wird durch die Hybridfundamente zum einen minimiert und zum anderen reversibel gemacht. „Wir haben dieses System 2019 patentieren lassen“, sagt Hilber, dessen Produktentwicklung gesamthaft maßgeblich von den praktischen Anforderungen seiner Kund*innen getrieben ist.
 
Ganz schön praktisch
 
Ästhetik ist für Thomas Hilber bei allem energetischen Pragmatismus freilich auch ein Thema: „Wir wollen nicht überall wahllos PV-Paneele platzieren, sondern auch in Zusammenarbeit mit Architekten oder Kunden dafür sorgen, dass der Faktor Design entsprechende Berücksichtigung findet“, sagt er. Ziel ist immer ein Gebäude, das nicht nur funktional ist, sondern auch noch ansprechend aussieht. „Wir haben in Tirol bereits architektonisch anspruchsvolle Projekte umgesetzt und sind immer offen für den Dialog mit Architekten.“ Photovoltaikelemente würden sich sehr gut als Gestaltungselemente eignen, meint Elisabeth Hilber. Und: „Es gibt auch diskrete Lösungen für Fassaden in jeder RAL-Farbe, die nicht auf den ersten Blick als PV-Paneele zu identifizieren sind“, erklärt sie. Gegenüber transparenten Paneelen müsse man allerdings einen Effizienzverlust von 15 bis 20 Prozent in Kauf nehmen. „Je weniger man sieht, dass es sich um PV handelt, umso geringer ist die Effizienz“, weiß Hilber. Im Umkehrschluss lässt sich allerdings durchaus behaupten, dass sich gegenüber einer nichtsolaren Fassade jedenfalls ein beträchtlicher Energiegewinn verbuchen lässt.
 
Wie andere Expert*innen sieht auch Thomas Hilber die Zukunft in der Speichertechnologie. Daher sei es sinnvoll, die PV-Anlage so groß wie möglich zu dimensionieren. „In nicht allzu ferner Zukunft wird fast jeder Besitzer einer PV-Anlage auch einen Speicher zu Hause haben“, meint Hilber, der entsprechende Konzepte parat hat. Bei den Batteriespeichern kann man in den letzten Jahren von einem Preisrutsch sprechen und es deutet wenig darauf hin, dass es nicht noch einmal wesentlich billiger wird. Deswegen ist es auch sinnvoll, PV-Module auf Nebengebäuden wie Carports zu installieren. In Trins hat man eigens dafür ein PV-Carport entwickelt, das sich beliebig erweitern und an die Anforderungen der Nutzer*innen anpassen lässt. „Wir wissen, dass bei Carports manchmal das Fundament gleich viel kostet wie alles Übrige“, so Hilber, der deshalb auf alternative Fundamentierungsvarianten gesetzt hat, mit Hybridfundament oder verlorener Schalung.
 
Energie aus dem Container
 
Großes Potenzial sieht Thomas Hilber auch im Solarcontainer, einem mobilen und flexiblen PV-System, das binnen weniger Stunden am Projektstandort in Betrieb genommen werden und per Bahn, Schiff oder LKW transportiert werden kann. „Es gibt in Tirol sehr große Parkflächen bei Bergbahnen, die im Sommer frei sind und dann zur Energieerzeugung genutzt werden könnten“, so Hilber. Trafostationen zur Einspeisung seien bei Seilbahnanlagen ohnehin vorhanden. Diese Container können auch mit Batteriespeichern kombiniert im Inselbetrieb laufen, um bei Events für eine stabile Stromversorgung zu sorgen, die abseits des Stromnetzes (Off-Grid) stattfinden. Zukünftig will Hilber mit seinem Unternehmen sich auch verstärkt um Energiegemeinschaften kümmern sowie vermehrt Augenmerk auf den Designaspekt legen. „Ganz gleich, ob es um gemeinschaftliche Energieerzeugung, Autarkie oder Design geht, wir wollen für alle Anwendungsfälle die passende Lösung entwickeln“, gibt er die Richtung vor. „Zudem bietet die Agri-PV für Landwirt*innen die Möglichkeit, neben Obst und Gemüse auch Sonnenenergie zu ernten und damit ein Zusatzeinkommen zu generieren“, ergänzt Elisabeth Hilber. Was die Energiewende betrifft, meint der Unternehmer: „Das Potenzial ist da, wir müssen es nur gemeinsam umsetzen.“ In diesem Sinne bleibt nur zu sagen: Möge die Macht der Sonne mit uns sein!
 
Text: Marian Kröll

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