
Mirjam Hagen ist eine kluge, junge Frau, reflektiert, selbstkritisch, kreativ, voller Tatendrang. Und Fotografin. Das war nicht so geplant, das hat sich so ergeben. Ihre Fotos erzählen Geschichten von Stärke, von Klarheit, manchmal leiser, aber entschlossener Power. Vor allem zeigen sie Menschen, die führen, gründen, gestalten – nicht in den klassischen, harten Business-Posen, sondern so, wie sie wirklich sind.
Geboren und aufgewachsen in Tirol, ist Mirjam Hagens Lebensmittelpunkt heute in München. „Mein Anspruch ist es, Businessfotos neu zu denken, abzustauben und moderne ästhetische Bilder zu machen, die meine Kund*innen gerne für ihr Business einsetzen. Bilder, an denen Kund*innen meiner Kund*innen hängen bleiben, weil sie an den Stil eines Modemagazines erinnern“, schreibt sie auf ihrer Homepage, gibt die Richtung damit klar vor und lässt gleichzeitig viel Raum für Kreativität und Fantasie.
Ihre Kundinnen – sie sind in der Tat vorrangig weiblich – reichen von Gründerinnen über CEOs bis zu Content-Creatorinnen und Kreativen. In Mirjam Hagens Ideenlabor verschmelzen Psychologie, Business und Ästhetik. Sie denkt nicht in schönen Bildern allein, sondern in Strategien, in Wirkung, in Selbstwahrnehmung: „Mich interessiert, wer jemand ist und wie diese Person sich zeigen möchte. Ein gutes Foto ist eines, in dem man sich erkennt, aber in der besten Version seiner selbst. Man sieht darin nicht nur, wer man ist, sondern auch, wer man sein kann und werden will.“ Wenn man mit ihr spricht, wird schnell klar: Mirjam Hagen arbeitet nicht nur mit Licht und Stimmungen, sondern mit einer klaren Haltung.
Von Tabellen zur Tiefenschärfe
Dabei sah es lange nicht danach aus, dass ihr Weg sie einmal in die Kreativbranche führen würde. Obwohl man es doch ein klein wenig ahnen hätte können, wählte Mirjam Hagen doch ihre Schule, weil ihr die Ästhetik des Altbaus und die schönen Türen dort gefielen. Nach einem Auslandssemester in Neuseeland jedenfalls studierte sie Psychologie in Innsbruck sowie Marketing- und Kommunikationsmanagement an der Fachhochschule Kufstein. Ein dortiges Pflichtpraktikum führte sie zur Allianz – einem Ort, an dem Excel-Tabellen oft wichtiger sind als Emotionen. „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es ist, in einem großen Konzern zu arbeiten, war aber sehr neugierig darauf“, erzählt sie. Doch gerade dort passierte etwas Unerwartetes. Eines Tages drückte ihr Chef ihr eine Kamera in die Hand, um Bilder von den Mitarbeiter*innen zu machen. Was als spontane Idee begann, wurde zur Entdeckung. Hagen fotografierte für das interne Mitarbeitermagazin, bei Interviews und lichtete Führungskräfte ab. „Das war es, womit ich mich wirklich wohl gefühlt habe“, sagt sie heute. „Schon immer habe ich mir innerhalb meiner Arbeit Bereiche gesucht, die zu mir gepasst haben. Die Fotografie hat es definitiv. Ich bin meinem damaligen Chef dankbar, dass er das erkannt und gefördert hat. Er war es auch, der mich dazu animiert hat, mich selbständig zu machen.“
Im weiteren Verlauf machte sie ihren Master an der TU München in Konsumentenforschung und wechselte nach ihrem Abschluss von der Allianz in eine Unternehmensberatung. Dort baute sie sich nebenberuflich ihre Selbstständigkeit auf. Da der Andrang immer größer wurde, stand sie bald vor der Frage, ob sie sich ganz in eine Vollzeit-Selbstständigkeit wagen sollte. „Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, an dem ich zuhause am Sofa saß und innerlich genau wusste, was der nächste richtige Schritt ist. Dennoch fiel es mir nicht leicht, da ich in der Beratung auch ein sehr nettes Team um mich hatte. Ich bin sehr froh, dass ich noch an diesem Abend meinem Chef einen Termin eingestellt habe – für das Kündigungsgespräch. Denn rückblickend war es eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich weiß die Selbstbestimmtheit, die ich durch meine Selbstständigkeit leben darf, sehr zu schätzen und ich habe in den letzten Jahren durch die Fotografie so viele spannende Menschen kennenlernen und mich selbst weiterentwickeln dürfen. Ich darf meine Berufung leben und weiß, das ist nicht selbstverständlich.“
Ein Blick für das, was echt ist
„Anfangs war es nicht einfach, den Sweet-Spot zu finden, in dem sich Geld verdienen und Freude am kreativen Schaffen treffen“, sagt Mirjam Hagen. Doch genau in dieser Spannung fand sie ihre Stärke und ihr Alleinstellungsmerkmal: die Verbindung von wirtschaftlichem Denken und kreativer Freiheit. Heute arbeitet Hagen an der Schnittstelle zwischen Businessstrategie und visueller Identität. Ihre Kund*innen buchen sie, weil sie gute Bilder macht und gleichzeitig versteht, was hinter einer Marke steckt. Mit ihrem psychologischen Hintergrund spürt sie, was Menschen antreibt, was sie hemmt und was sie wirklich zeigen wollen. „Fotografie ist auch Psychologie“, sagt sie. „Du musst lesen können, was unausgesprochen bleibt. Vertrauen schaffen. Und ich muss ich sein, damit andere auch sie selbst sein können. Dann entstehen Bilder, die echt sind.“
Die Personal-Brand-Fotografie, wie sie sie betreibt, ist mehr als ein ästhetisches Konzept. Sie ist ein Werkzeug, um Menschen in ihrer beruflichen Rolle zu empowern. In einer Businesswelt, die noch immer oft von konservativen Bildern geprägt ist, bietet Hagen eine neue Perspektive. „Bilder fürs Business müssen nicht altmodisch und langweilig sein. Durch die sozialen Medien sind Bildwelten auch im Businesskontext viel freier geworden. Es ist viel mehr möglich, viel mehr Varianz und Kreativität ist akzeptiert und wir dürfen sein, wer wir sind. Wir dürfen eine Ästhetik wählen, die uns selbst gefällt und beschreibt, und müssen uns nicht mehr in alte Rollenbilder zwängen. Ganz im Gegenteil – uns in unserer Einzigartigkeit zu zeigen, ist der zentrale Grundgedanke von Personal Branding, denn es macht uns erinnerbar. Und das ist in der heutigen Aufmerksamkeitsgesellschaft ein wichtiger Baustein für Erfolg.“
Dass diese Haltung ankommt, zeigt sich auch in ihrer wachsenden Community. Hagen fotografiert regelmäßig Female Founders und Unternehmerinnen, die neue Wege gehen. Sie begleitet sie auf Events, in Kampagnen, auf Social Media und stattet ihre Homepages mit Bildern aus. Dabei denkt sie mit, strategisch und empathisch: „Ich überlege bei jedem Shooting: Für welche Kanäle werden die Bilder genutzt? Welche Botschaft transportieren sie? Welche Zielgruppe soll sich angesprochen fühlen?“ So entstehen Bildwelten, die mehr sind als hübsche Porträts. Sie sind Teil eines kommunikativen Ökosystems, das Menschen in ihrer beruflichen Rolle sichtbar macht.
Vielleicht ist das der Kern von Mirjam Hagens Arbeit: das Gleichgewicht zwischen Ratio und Gefühl. Zwischen analytischem Denken und künstlerischer Intuition. „Ich sehe mich sowohl als Unternehmerin als auch als Künstlerin“, sagt sie. „Wenn ich nur kreativ wäre, würde ich nicht überleben. Wenn ich nur wirtschaftlich denken würde, wäre meine Arbeit leer und würde mir keine Freude bereiten.“ Diese Dualität zieht sich durch ihren gesamten Weg, von der Psychologie über die Arbeit im Großkonzern bis zur Selbstständigkeit. Nichts davon war geplant, alles hat sich organisch ergeben. „Ich bin meinem Gefühl gefolgt. Immer dorthin, wo sich Türen geöffnet haben. Im Nachhinein ergibt plötzlich alles Sinn.
Das Thema Female Empowerment zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Schaffen. Schon 2014 bekam Mirjam Hagen – damals noch als Studentin – vom ZONTA Club Innsbruck das Jane M. Klausman „Woman in Business“ Scholarship nach einem Vortrag zum Thema „Gleichberechtigung in der Werbung“. Mirjam Hagen arbeitet bewusst mit Frauen, die Verantwortung übernehmen, sich selbstständig machen oder ihre eigene Marke aufbauen. Viele ihrer Kundinnen stehen am Anfang ihrer Karriere. Andere sind längst erfolgreich. „Bei den einen kann ich etwas mitgeben, bei den anderen darf ich etwas lernen“, sagt sie. Dieses Geben und Nehmen, dieses Netzwerken auf Augenhöhe, auch das ist gelebtes Female Empowerment. Hagen ist überzeugt, dass Gleichberechtigung nicht nur durch gesetzliche Änderungen entsteht, sondern im täglichen Handeln. Und dass auch Bilder einen großen Einfluss haben können. Daher zeigt sie Frauen gerne selbstbewusst, bold, stark jedoch auch durch ihre Sinnlichkeit. Ihr Blick auf Frauen ist ein weiblicher, unterstützend und sagt „You go girl!“. Ihre Arbeit ist nicht laut, jedoch gesellschaftlich höchst wirksam. „Gleichberechtigung ist für mich ein wichtiger Wert. Es hat sich so ergeben, dass mehr Frauen zu mir kommen, aber ich fotografiere auch gerne Männer. Mir ist nicht wichtig, welches Geschlecht meine Kund*innen haben, sondern welche Werte sie leben. Denn ich weiß: Fotos haben Power. Und ich möchte damit nur das unterstützen, was ich auch innerlich gut vertreten kann.“
Mirjam Hagens Bilder wurden vor Kurzem auf dem M.STORIES Festival, einem Female Empowerment Event in München, ausgestellt. Hier zeigte sie erstmals ihre neue Auftragskunst, bei der Porträts in Langzeitbelichtung die Basis bilden und Aphorismen in die Bilder eingearbeitet werden. Statements, die im Arbeitsalltag daran erinnern sollen, was einem gut tut. Denn Hagen weiß, dass ein eigenes Business auch herausfordernd ist und dass Selbstständigkeit auch Selbstführung bedeutet. „Wer langfristig als Selbstständiger erfolgreich sein will, muss bereit sein, diszipliniert zu arbeiten, aber auch erkennen, wie wichtig es ist, auf sich selbst zu achten. Man selbst ist der Motor im Getriebe und wenn man ausfällt, steht das Getriebe still. Daher sind gerade für uns Selbstständige Prävention und gesunde Pausen so wichtig. Daran erinnere ich mich immer wieder selbst.“
Energie tankt sie draußen in der Natur. „Die Berge sind mein Kraftplatz. Ich brauche sie, um klar zu bleiben und mich daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist. Von oben bekomme ich die nötige Distanz, um dann wieder klügere Entscheidungen zu treffen.“ So steht Mirjam Hagen für eine neue Generation von Kreativen, die Business, Ästhetik und Haltung vereinen. Sie ist Unternehmerin und Künstlerin, Strategin und Menschenversteherin. Ihre Bilder empowern und zeigen, dass Sichtbarkeit keine Eitelkeit ist, sondern ein gut investiertes Statement.
Text: Marina Bernardi
Fotos: Mirjam Hagen

