Jedes Jahr aufs Neue werden wir auf unserer Reise durch Südtirol kulinarisch begeistert und immer wieder überrascht. Jedes Haus, jeder Gastgeber, jeder Chef erzählt seine eigenen, wunderbaren Geschichten, die uns abholen und mitnehmen. Dieses Jahr war es das Restaurant Costamula etwas oberhalb von St. Ulrich, das für diesen ganz besonderen Überraschungsmoment gesorgt hat. Was Familie Mahlknecht aus dem alten Bauernhaus gemacht hat, ist phänomenal.
Ursprünglich stammt das Gebäude aus dem Jahr 1608 – oder etliche Jahre früher – und ist eine der ältesten Hofstellen in Gröden. In den vielen Jahren seines Bestehens wechselte das Haus einige Male seine Besitzer, über Jahrhunderte wurde es als Bauernhaus genutzt. Seit Ende der 1980er-Jahre blieb das Haus schließlich unbewohnt und drohte zu verfallen. Als es wieder in den Besitz der Familie Mahlknecht zurückkam, der es schon einmal gehörte, begann diese das einst prächtige Bauernhaus rücksichtsvoll und achtsam in ein Restaurant zu verwandeln. Im Jahr 2010 wurde das Haus unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes behutsam und mit viel Feingefühl restauriert. Man merkt: Hier wurde nicht nur viel Liebe, sondern auch ziemlich viel Geld investiert. Herausgekommen ist eine einzigartige Kombination aus alten und neuen, edlen Elementen, die aussehen, als gehörten sie immer schon zusammen. Kleine Details lassen einem immer wieder Auge und Herz aufgehen.
Wenn man nicht zu Fuß kommt, erfolgt die Anfahrt über eine schmale Straße und selbst wenn Sie das Gefühl haben, hier geht’s nicht mehr weiter: Ein bisserl geht noch. Für den letzten Teil nimmt man einen kleinen Tunnel, der exklusiv für Costamula-Gäste befahrbar ist, und findet sich dahinter quasi am Ende der Welt wieder. Hier ist nichts anderes zuhause als Ruhe und Genuss. Vom Parkplatz führt eine steinerne Treppe nach oben, ein Schild weist den Weg und während man vom Parkplatz aus in Richtung Wald blickt, eröffnet sich vor der Hütte ein herrlicher Weitblick auf die Berge. Wenn das Wetter stimmt, lässt man sich hier in den Liegestühlen nieder. Im Inneren eröffnet sich schließlich eine einzigartige Welt aus jahrhundertealter Geschichte und sensibler Moderne. Was von außen wie damals anmutet, ist drinnen ganz viel heute. Wir nehmen in einer rustikalen, klein-intimen Stube mit drei Tischen Platz, der Service ist sofort zur Stelle. Der wunderschöne Holzboden passt perfekt zu den Stühlen mit den traditionell geschnitzten Herzen in der Lehne und dennoch ist man hier ganz weit weg von Kitsch. Geschmackvoll ist es – in allen Belangen. Die Deko ist authentisch, aber dezent, nichts ist zu viel. Die Tische sind reduziert gedeckt, die Serviette leger gefaltet.
Auf der Karte finden sich je vier Antipasti, Vor- und Hauptspeisen. Die Küche von Chef Matteo Noce ist regional und die Karte in der Beschreibung bodenständig, am Teller jedoch unglaublich modern und jedes Gericht hervorragend. Die Tellersprache kommt ohne viel Schnickschnack aus, was zählt, ist das Produkt, und das ist gut so. Besonders schön fanden wir die bunten Teller, die einen charmanten Kontrapunkt zum sonst oft und gern verwendeten Weiß setzen. Schon das Brot war eine Wucht, das Erbsengazpacho als kleiner Gruß aus der Küche fabelhaft. Wir haben uns für Tagliolini aus Pflanzenkohle mit Alpenkräutern, Bergzitrone, Almbutter und Bottarga aus dem See sowie für Gnocchi gefüllt mit Rehragout, Pecorino-Käse und geröstetem Kümmelbrot entschieden und damit definitiv die richtige Wahl getroffen. Die anschließende rosa gebratene Entenbrust mit Kirschreduktion und eingelegtem Sommergemüse war ebenso auf den Punkt wie das WienerSchnitzel vom Hirsch, das mit Himbeermayonnaise und mariniertem Krautsalat kam, die Kartoffelchips wurden ganz unkompliziert nebenangestellt. Der süße Abschluss aus Ziegenmilch-Eis mit Heidelbeertopping und beigestellter Buchtel war in der Kombination genial, das leichte Zimtaroma passte trotz Sommerzeit tadellos. Der Pino Nero Riserva Matan vom Weingut Pfitscher war ein schöner Fund auf der gut bestückten Karte, die Preise sind ob der gebotenen Qualität durchwegs sehr okay. Der Service hält sich dezent im Hintergrund und ist doch stets präsent. Es hilft, zumindest ein wenig Italienisch zu sprechen, es geht aber durchaus auch ohne. www.costamula.com
Text: Marina Bernardi