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Life

Kulinarischer Tausendsassa

9.9.2025

Käse ist eines der ältesten Lebensmittel der Menschheit, auch wenn nur Vermutungen darüber angestellt werden können, wie der erste Käse tatsächlich entstand. Wann auch immer man entdeckte, dass Milch durch Wärmeeinwirkung schneller sauer wird und eindickt: Es war eine gute Entdeckung. Käse ist ein kulinarischer Tausendsassa und kann weit mehr als zünftige Jause und Käsespätzle. Käse ist ein wahres Genussprodukt, das durchaus elegant daherkommen kann. So hat er in den unterschiedlichsten Ausprägungen auch Einzug in die Genussküchen des Landes gehalten. Weil er immer wieder anders ist: cremig-fließend, herb-deftig, sanft und lieblich, frisch und mild oder über Monate gereift. Auch in Tirol hat Käse eine lange Tradition.
 
Es ist kein Geheimnis, dass ein Milcherzeugnis nur so gut sein kann, wie es der Ausgangsrohstoff zulässt. Beim Käse ist dieser Rohstoff, auf den es ankommt, die Milch, die in Tirol von besonders hoher Qualität ist. Hier dürfen die Milchkühe in den Sommermonaten nämlich vielfach auf die Alm, wo sie saftige Gräser und beste Kräuter fressen, im Winter überwiegend Heu. Für die Ziegen und Schafe im Land gilt dasselbe, nur dass diese noch in weit höheren alpinen Lagen weiden können. Die Heumilchwirtschaft ist dabei die ursprünglichste Form der Milcherzeugung. Heumilch weist laut einer Studie der Universität für Bodenkultur in Wien unter anderem einen rund doppelt so hohen Wert an Omega-3-Fettsäuren auf wie herkömmliche Milch. Größere Artenvielfalt im Futter schlägt sich außerdem im Aroma der Milch nieder. Das macht besonders die Heumilch zum idealen Rohstoff für Käsespezialitäten. Das heißt freilich nicht, dass konventionelle Milch nicht auch zur Käseherstellung taugen würde, aber aus gutem Grund wird in Tirol viel und gerne mit Heu- und Almmilch gekäst.
 
Der Geschmack des Almsommers
 
Das Kufsteinerland ist dabei ein ganz besonderes Fleckchen Erde. Die 17 käseproduzierenden Betriebe der Region (siehe Factbox) stellen mehr als 60 verschiedene Käsesorten her. Jeder davon ist einzigartig und anders, was sie eint, ist ihr kompromissloser Anspruch an die Qualität. Wenn Sie einem Käser gerne einmal über die Schulter schauen möchten, können Sie dies zum Beispiel in der Biosennerei Hatzenstädt am Niederndorferberg tun.
 
Am Niederndorferberg wird laut erster urkundlicher Erwähnung seit 1224 Käse hergestellt – anfangs magerer Graukäse. Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Tradition der Fettkäserei die Tiroler Alpen. Für die Herstellung von Hartkäse brauchte es allerdings mehr Milch. Als sich die Wirtschaftssituation in den Zwischenkriegsjahren zunehmend verschlechterte, trieb der damalige Hatzenstädter Bauer die Zusammenarbeit der umliegenden Höfe voran. 1937 wurde schließlich die Sennerei Hatzenstädt gegründet. 38 Biobauern und damit 38 Milchlieferanten haben sich im Zuge dessen zur Einhaltung strenger Richtlinien verpflichtet und sich selbst hohe Qualitätsstandards auferlegt, die bis heute Gültigkeit haben. Die Milchkühe führen ein beschauliches Leben hoch über dem Tal: Den Sommer verbringen sie auf saftigen Almen und Weiden, im Winter werden sie in den heimatlichen Stellen mit duftendem Heu versorgt. Anfang der 1990er-Jahre haben alle Betriebe auf biologische Landwirtschaft umgestellt, seit 1991 ist die Käserei biozertifiziert. Noch heute gilt die Sennerei Hatzenstädt damit als Vorreiter für den Umstieg einer gesamten Genossenschaft auf bio. Die hiesigen Käse werden seit jeher nach hauseigenen Rezepten hergestellt. Hinein kommt ausschließlich zertifizierte Bio-Rohmilch, die von den ausgebildeten Käsemeistern mit viel Erfahrung, Gefühl und Geduld zu wunderbaren Käselaiben wird: Emmentaler, Bergkäse, Heubauernkäse, Bauerngourmet. Und anderem. Jährlich entstehen in der Sennerei rund acht Tonnen Topfen, 20 Tonnen Butter und 150 Tonnen Käse. Erhältlich sind die herrlichen Spezialitäten im angeschlossenen Hofladen, der sich im Laufe der Zeit zu einem veritablen Feinkostladen entwickelt hat und viele weitere Produkte der Genossenschaftsmitglieder führt. Wer es zu den Öffnungszeiten nicht schaffen sollte, für den steht ein kleiner Verkaufsautomat vor dem Haus, der 24 Stunden zugänglich ist.
 
Die Ziege ist zurück
 
Wenn man weit zurückblickt, stellt man fest, dass auch Mensch und Ziege eine lange gemeinsame Vergangenheit und eine besondere Beziehung zueinander hatten. Wildziegen waren zwar nicht die ersten Tiere, die von Hominiden domestiziert wurden, aber sie kamen recht früh. Gleich nach den Rindern. Ziegenkäse ist im Vergleich zu Kuhmilchkäse hierzulande nach wie vor ein Nischenprodukt, hat jedoch seine Fangemeinde. Was früher als „Kuh des armen Mannes“ galt, ist heute die finanzielle Lösung für viele Betriebe. Ebenso für Kuhmilchallergiker, die Ziegenmilch aufgrund der Struktur der Milchproteine oftmals leichter verdauen. Am Alpengasthof Moosbauer in Erl sind mittelgroße gemsfärbige Gebirgsziegen zu Hause, eine fruchtbare, robuste, widerstandsfähige und langlebige Ziege, reh- bis kastanienbraun mit enganliegendem, glattem Haar. Die Milch, die die Tiere geben, wird am Hof zu Gänze selbst verarbeitet. Der Moosbauer ist damit nicht nur Gast-, sondern auch ein Bauernhof. Monika Gramshammer hat den elterlichen Betrieb dazu von traditioneller Milchkuh- auf Ziegenhaltung umgestellt und die Rinder mussten Platz für Ziegen machen. Anfangs waren es fünf, mittlerweile ist die Herde auf 30 weibliche Tiere und drei Böcke angewachsen. Die Landwirtin wurde schließlich auch zur Käserin und Wirtin. Das Gasthaus hat sich mittlerweile einen soliden Ruf erkocht und die Kitzfleischgerichte am Alpengasthof Mooshammer sind weit übers Kufsteinerland hinaus bekannt. Abgesehen von der Gastronomie vermarktet der Betrieb auch Frischfleisch von Kitzen. Und natürlich seinen Käse. Der kommt als Ziegenfrischkäse natur oder mit Schnittlauch daher.

Käse im Kufsteinerland und rundherum
• Almkäserei Aschinger Alm, Ebbs
• Bauernhof Schlosshof, Ebbs
• Alpengasthof Moosbauer, Erl
• Lacknerhof, Langkampfen
• Boarhof Radingeralm, Langkampfen
• Bio-Käserei Plangger, Niederndorf
• Biosennerei Hatzenstädt, Niederndorferberg
• Hofkäserei Hinterschachner, Niederndorferberg
• Erbhof Mitterthrey, Niederndorferberg
Schaukäserei Ackernalm, Thiersee
Schulerhof, Rettenschöss
Almkäserei Burgeralm, Rettenschöss
• Biokäserei Walchsee
Almkäserei Feldalm, Walchsee
Kaiserwinkl-Sennerei Kössen
Almkäserei Stubenalm, Schwendt
Danzl’s Sennerei, Schwendt


Text: Marina Bernardi
Fotos: Tirol Werbung/Lisa Hörterer

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