In einem unscheinbaren Gewerbegebiet in Sölden steht ein von außen betrachtet ebenfalls recht unscheinbares Gebäude. Dieses wurde 2020 binnen weniger Monate errichtet und beherbergt die Bäckelar Brewery. Das klingt zunächst recht international, bei Bäckelar handelt es sich aber um den Hausnamen der Cousins Simon Gstrein und Florian Schmisl, deren Vorfahren Bäcker gewesen waren. Das süffige, obergärige Bier, das dort gebraut wird, entspricht von der Brauart her einem Kölsch. Und weil es aus Sölden kommt, ist es ein Sölsch. Eh klår.
Eh klår.So geht der knackige, eingängige Slogan, den sich Simon Gstrein und Best-Beer-Buddy und Geschäftspartner Florian Schmisl für ihr Bier überlegt haben. Mit dem Spruch geht eine Selbstverständlichkeit einher und auch ein gewisses Selbstvertrauen. Worauf sich dieses gründet, wird dem geneigten Biertrinker beim ersten Schluck aus der außergewöhnlichen, tiefschwarz lackierten Aluminiumflasche schlagartig klar. Die beiden Ötztaler haben mit ihrem Sölsch ein Bier am Start, das schlank und süffig, leicht fruchtig – den Aromahopfensorten sei’s gedankt –, im Abgang mit angenehmer Hopfenbittere glänzt und zudem unfiltriert ist. Wasser, Hopfen, Malz. Natur pur. Ein ehrliches, naturbelassenes Produkt aus der Region.
Sölsch ist auch eine Geschichte von zwei Freunden, die etwas Neues wagen wollten: „Wir sind Cousins, zeit unseres Lebens gute Freunde und haben in den letzten Jahren ein Event-Catering-Geschäft miteinander aufgebaut“, sagt Simon Gstrein. Florian Schmisl ist gelernter Koch, der von der Arbeit in der Gastroküche irgendwann genug hatte und sich neu orientieren wollte. Und mit Mitte dreißig nach einer zweijährigen Lehrzeit bei Starkenberger schließlich Bierbrauer geworden ist. „Am Beginn meiner Brauerlehre war ich frischgebackener Vater und habe mir das alles noch einmal gegeben“, sagt Schmisl, der von Sölden aus täglich nach Tarrenz und retour gependelt ist und nebenher noch in der Gastronomie gearbeitet hat, um die junge Familie zu versorgen. Einschlägige Expertise bringt auch Gstrein mit, der Biersommelier und Bike-Republican der ersten Stunde ist und seit Jahren das auf sportliche Gäste fokussierte Hotel Bäckelar Wirt in Sölden führt.
Die beiden Neo-Brauereibesitzer sind also mit viel Know-how und Motivation in das Unternehmen Sölsch gestartet, ohne dabei blauäugig zu sein. In der Konzeption, Planung und Umsetzung bierernst, darüber hinaus lässig entspannt. Die Freude am Brauereibusiness ist ihnen anzumerken und findet sich im Produkt wieder. Schmisls Lehrzeit wurde intensiv genutzt, um sich mit der Planung zu beschäftigen, die letztlich von regionalen Unternehmen mustergültig umgesetzt worden sei, lobt Gstrein. „Jetzt, nach bald vier Jahren, sitzen wir da und sind einfach happy, dass der Flo ein Megaprodukt braut“, fasst Gstrein die Gefühlslage zusammen.
Weil Bier nun einmal zu etwa 90 Prozent aus Wasser besteht, spielt dieses auch im Endprodukt eine wichtige Rolle. Das Wasser für das Sölsch kommt naturgemäß aus den Bergen um Sölden und weist zwischen 2 und 4 °dH auf, die besonders für helle und hopfenaromatische Biere bestens geeignet ist. Der Hopfen stammt aus der Hallertau in Bayern, einem renommierten Anbaugebiet, der Malz aus Österreich. Einen ganzen Winter lang hat Florian Schmisl in einem kurzerhand zur Mikrobrauerei umfunktionierten verwaisten Spabereich in Sölden an den ersten Sölsch-Prototypen herumgebastelt. „Irgendwann bin ich dann auf die Idee gekommen, ein obergäriges Bier zu machen. Das muss einerseits nicht so lange gelagert werden wie untergäriges Bier und gehört möglichst frisch getrunken“, sagt der Brauer.
Mit der schwarzen Aluflasche hat man darüber hinaus beinahe ein Alleinstellungsmerkmal, das ökologisch weit besser ist als sein Ruf und sich vor der herkömmlichen Glasflasche nicht verstecken muss. „Es gibt unzählige unterschiedliche Glasflaschen, aber es wird nicht viele Brauereien geben, deren Hauptprodukt in der Aluflasche mit Pull-off-Verschluss abgefüllt wird“, ist Brauer Schmisl überzeugt. Drei Jahre lang haben Gstrein und Schmisl nach einer leistbaren Variante gesucht. Ursprünglich wollte man einfach eine coole Flasche für ein cooles Getränk haben, die zahlreichen anderen Vorteile der Aluflasche sind dem Brauerei-Duo erst nach und nach aufgefallen. „Unsere Flasche ist extrem leicht, völlig bruchsicher, wird sehr schnell kalt und kann sauberer recycelt werden als jede Glasflasche“, zählt Gstrein auf.
Aus einem Sud braut Florian Schmisl zwischen zwei- und zweieinhalbtausend Liter Bier, pro Monat 30.000, im Jahr zwischen 350.000 und 400.000 Liter. Ein kleinerer Tank, der einen Sud fasst, steht zum Experimentieren zur Verfügung. „Da mache ich einmal ein Dinkelbier, ein Stout oder Porter, einen Bock, ein geiles Pale Ale, wie auch immer. Beim Brauen gibt es ja Möglichkeiten ohne Ende“, sagt Schmisl. Im Gegensatz zum im großindustriellen Maßstab hergestellten Bier darf jede Charge Sölsch auch ein wenig anders schmecken. „Richtig fertig ist die Rezeptur nie. Ich spiele gerne ein bisschen mit dem Hopfen, damit sich immer eine etwas andere Erfrischung ergibt“, sagt Schmisl.
Text und Fotos: Marian Kröll