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Wirtschaft

Familiensache

15.6.2021

Unternehmen werden es in Zukunft noch viel mehr als heute schaffen müssen, ihre Produktions- und Wertschöpfungstätigkeiten je nach Bedarf voll, teilweise oder gar nicht abzurufen. Und zwar profitabel. Die totale Flexibilität, das gänzliche Aufspannen und anschließend wieder völlige Stilllegen der gesamten Unternehmenswertschöpfung ist dabei das Ziel. So wie das Konzept der Losgröße 1, das von der Industrie 4.0 propagiert wurde, lange als unrealisierbar galt, gilt auch das „Ziehharmonika-Unternehmen“ derzeit als unrealistisch, denn dazu braucht es nicht zuletzt neue Arbeitsrechtsgrundlagen oder öffentlich garantierte Unterstützungen. Nichtsdestotrotz: Unternehmen sollten ihr Geschäftsmodell dahingehend überprüfen – und zwar disruptiv –, wo und wie fixe Kosten variabel gestaltet werden können, ohne dabei wichtige Kernkompetenzen zu verlieren.

Die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen, die sich meist als eine Kombination aus herausragenden Fähigkeiten, tiefem Wissen, über Generationen gereiften Erfahrungen, außergewöhnlich effizienten Prozessen und dem Arbeiten mit mondernsten Technologien zeigt, bleibt auch für die Zukunft unverändert die Grundlage erfolgreichen Wirtschaftens. Aber in den Vertriebs- und Absatzkanälen braucht es im Zeitalter der Pandemien eine starke Diversifikation. Wer in Zukunft Kunden und Konsumenten in allen Konjunkturlagen erreichen will, wird gezwungen, Produkte und Dienstleistungen durch ein Omnichannel-Marketing und Omnichannel-Vertriebskonzept ständig verfügbar zu machen. Dennoch, die Diversifikation von Absatzkanälen bringt keine zwingende Diversifikation der Kernkompetenzen mit sich. 


Strategiearbeit

Intuitiv würde man meinen, dass es durch die Unvorhersehbarkeit der äußeren Welt keine Unternehmensstrategie mehr brauche. Schließlich navigiere man sowieso immer auf Sicht und müsse eher taktische Maßnahmen ergreifen als langfristig strategische. Das ist ein Trugschluss: Strategiearbeit war nie so wichtig wie jetzt. Dabei geht es weniger darum, eine Zeit-Punkt-genaue Landung anzuvisieren, als mehr einen strategischen Ziel-Zeit-Korridor zu definieren. Somit wird das Beherrschen von strategischen Szenarioplanungen zu einer kritischen Managementkompetenz.

Das Ziel, finanzielle Unabhängigkeit und Eigenkapitalstärke aufzubauen, bleibt auch weiterhin von zentraler Wichtigkeit. Sie sind Teil auch der zukünftigen Erfolgs-DNA der besten Familienunternehmen. Wer robust ist und vielleicht sogar antifragil, somit von Schockerfahrungen nicht geschwächt wird, sondern von diesen sogar profitiert, hält in wiederkehrenden Krisenzeiten länger durch. Auch eine intelligente Internationalisierung ist fürs Durchhalten dienlich. Die neue Internationalisierung hat nicht das primäre Ziel, Niedriglohnregionen auszunutzen, um Profite zu sichern oder zu steigern, sondern Produktionskapazitäten in jenen Weltregionen zu etablieren, die durch diese auch bedient werden. Das Zeitalter der Pandemien könnte somit auch zum Zeitalter der Glokalisierung werden: global aufgestellt mit lokaler Wertschöpfung. Internationalität und Regionalität sind dann keine Gegensätze, sondern integrative Konzepte, die sich gegenseitig stützen.

Der Wert des Miteinander

Das Wohlergehen der Mitarbeiter wird in Zukunft immer weniger Imagekampagne sein, um sich attraktiv am Arbeitsmarkt zu positionieren, sondern immer mehr Substanz erhalten. Die Gesundheit der Mitarbeiter wird zum Erfolgsfaktor, denn gesunde Menschen halten die Wertschöpfung des Unternehmens am Laufen. Gesundheitstests, physische und psychische Gesundheitsvorsorge und Unterstützung, Ausfallversicherungen für die Menschen und das Unternehmen und ein holistisches Achtsamkeitspaket schaffen Wettbewerbsvorteile für die Firma und stärken die Loyalität aller Beteiligten. 

Die generationenübergreifende Ausrichtung von Familienunternehmen muss sich in immer konkreteren Maßnahmen zeigen, die auf den Erhalt einer intakten Ökologie, ein faires gesellschaftliches Miteinander, eine ressourcenschonende Wertschöpfung und eine gerechte Rendite abzielen. Das nachhaltige Unternehmen schließt die bestehenden und kommenden Generationen als Stakeholder in ihre Überlegungen und Entscheidungen mit ein.  

Familienunternehmen haben das Potential, mehr als andere Unternehmensformen, wieder zum Ort des Zusammenseins mit Kollegen und Freunden zu werden. Ein guter Ort, in dem Arbeit als qualitativ hochwertiger Teil des Lebens erlebt wird, gestalterisch, fair und ganz selbstverständlich Gender-gleichberechtigt. Familienunternehmen sind dann jene Art große Familie, die für Mitarbeiter eine identitätsstiftende Wirkung erzeugt.

In diese Kerbe schlagen auch neue Minderheits-Beteiligungsmodelle, durch die Mitarbeiter Anteile am Unternehmen halten. Diese könnten bald schon keine Ausnahme mehr sein und aus Angestellten Mit-Unternehmern machen, die an den (guten und schlechten) Entscheidungen des Unternehmens partizipieren. Die Partizipation an Macht und Erfolg wird somit in nicht allzu ferner Zukunft vielleicht keine reine Unternehmerfamilienangelegenheit mehr sein. 


Text: Markus Weishaupt


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