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Life

Mauern brauchen Farbe

2.2.2021

Käppi, Brille, dunkler, kurzer Bart. Ein junger „Allerweltstyp“, möchte man meinen. Doch Farbkleckse auf seiner Kleidung verraten ihn. HNRX ist inzwischen in der europäischen Street-Art-Szene auch eine Marke. Sie steht für großflächige Bilder auf Hausmauern oder Zimmerwänden: bunt, abstrakt, plakativ, fantasievoll ....


Geschichte(n)schreiber

Ihren Ausgang nahm die Geschichte des Künstlers HNRX – Henrix gesprochen – vor zwölf Jahren in Innsbruck. HNRX, damals ein Teenager, hat ganze Zeichenblöcke vollgekritzelt, bis „daraus geworden ist, was es heute ist“. Einige Zeit später sprayte er sein erstes Bild auf eine Wand: „Klar habe ich das am Anfang illegal gemacht. Aber ich bin nie durch die Stadt gezogen und habe mutwillig etwas zerstört. Ich habe immer Orte ausgesucht, wo es nicht stört oder sogar einen Mehrwert bringt. Ich will den Leuten ja etwas geben.“ Aus dieser Zeit stammt auch sein Künstlername. Obwohl er heute legal malt, möchte er dennoch sein Gesicht nicht zeigen oder seinen echten Namen preisgeben. Der sei auch nicht wichtig, meint er: „Ich habe viele Kumpels, von denen ich den echten Namen nicht weiß. Aber das ist egal, in der Szene identifiziert man sich mit dem Künstlernamen.“

Im Jahr 2013 malte HNRX seine erste „legale Wand“. Von da an ging alles relativ schnell, erzählt er: „Dann kommt der Erste vorbei und sagt: Cool, magst du nicht bei mir etwas machen? Er zahlt ein bisschen etwas, der Zweite zahlt dann schon ein bisschen mehr und so ergibt sich das von selbst.“ Seit fünf Jahren ist HNRX selbstständiger Künstler und lebt davon: „Ich bin zufrieden damit. Wobei jeder weiß, dass man davon nicht reich wird.“ Heute tourt der 25-Jährige mit dem Zug – Ökologie ist ihm wichtig – durch ganz Europa: „Ich lebe eigentlich ein Vagabundenleben. Demnächst werde ich einen zweiten Wohnsitz in Hamburg haben.“ Wir freuen uns, dass er vorher noch einen Abstecher zu uns gemacht hat.

Fast in jeder größeren Stadt hat er schon seine Spuren hinterlassen. Wo seine Kunstwerke entstehen, das ist für ihn eine Frage der Eingebung … und der Zustimmung der Eigentümer: „Ich sehe ständig Wände und Orte, wo ich spüre, dass da etwas passieren kann. In Gent in Belgien habe ich zum Beispiel eine Wand gesehen, an der Tür geläutet und gefragt, ob ich dort etwas machen kann.“ So laufe das, wenn es keine Auftragsarbeit sei, meistens ab. Was dann entsteht, ist mehr oder weniger Zufall, beschreibt HNRX: „Meistens arbeite ich freestyle. Ich habe irgendwelche Farben dabei, mache mein Skizzenbuch auf, überlege, was es werden könnte, fange links oben an und höre rechts unten auf.“ Das sei eine sehr entspannte Arbeitsweise. Anders, wenn Auftraggeber vorher wissen wollen, wie das Bild aussieht. Dann bemüht der gelernte Innenarchitekt das Skizzenbuch intensiver. Schon seit geraumer Zeit verwendet HNRX dazu auch keine Spraydosen mehr, sondern malt mit Fassadenfarben. 


Dauerhafter Macher

Zu den Wänden, die alle benützen, geht HNRX schon lange nicht mehr. Dort haben die Bilder nur kurze Zeit Bestand, werden wieder übermalt oder -sprayt. Das will er nicht mehr: „Meine Intention ist ja nicht, dass ich urbane Kunst mache, ein Foto schieße und es dann in den sozialen Medien hochlade und das war’s. Und von denen, die das professionell machen, kenne ich auch keinen, der zu solchen Wänden noch hingeht.“ HNRX hat inzwischen im Raum Innsbruck und Umgebung rund 30 Wände mit dauerhaften Bildern. Außerdem malt er inzwischen auf Leinwänden, macht Ausstellungen, fährt zu Kunstmessen.

Doch HNRX malt nicht nur selbst, er will auch andere fördern, einen Austausch herbeiführen, international bekannte Leute nach Österreich bringen. Daher veranstaltete er 2018 das erste Street-Art-Festival „Underbridge“ in der Tiroler Landeshauptstadt. Künstler aus Spanien, Deutschland und Belgien sowie er selbst malten und sprayten drei Tage lang auf Stützen der Autobahn im Süden von Innsbruck – natürlich mit Erlaubnis der Autobahngesellschaft ASFINAG. Im Jahr darauf wanderte das Underbridge nach Salzburg. 2020 muss HNRX eine Pause machen: „Ich bin schon ein Macher und würde noch viel mehr machen, wenn ich die Kapazität hätte. Es wäre super, wenn es finanziell irgendwann reicht, ein kleines Team für die Organisation zu haben. Ich kann einfach nicht alles sein: Organisator, Geschäftsmann, Künstler.“

Obwohl HNRX inzwischen eher in den Großstädten Europas anzutreffen ist, findet er seine Heimatstadt in Sachen Street Art immer noch „sehr o.k.“: „Gemessen an der Größe von Innsbruck kann man sehr zufrieden sein mit den vorhandenen Flächen. Aber ein Spürchen mehr könnte vielleicht noch los sein.“

Text: Uwe Schwinghammer
Fotos: Marian Kröll

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