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Life

Wunderbare Krapfen-Welt

14.9.2021

Schon dem Gedanken wohnt ein gewisser Zauber inne. Und der erste Biss löst ein Feuerwerk an Gefühlen aus. Die Erinnerung an die Oma etwa – ihre Küche, die Gerüche. Geheimnisvoll, ja magisch ist sie, die Erinnerungskraft in den Geschmacksknospen. In dem Moment, in dem der Krapfen sie entfesselt, wird die Zeit zurückgedreht und alles irdische Leiden ist vergessen. 

Die Geschichte des Krapfens soll irgendwann in einer Wiener Küche mit einem temperamentvollen Ehekrach begonnen haben. Eine Legende zur Herkunft der Krapfen – den Österreichern ist sie logischerweise die allerliebste – führt zurück zur Wiener Bäckerin Cäcilie Krapf. Hofratsköchin soll sie gewesen sein und weil ihr geniales Schaffen mal im 16., mal im 17., mal im 18. oder 19. Jahrhundert angesiedelt wird, ist die historische Glaubwürdigkeit ein wenig dünn. Doch egal, denn schön ist die Geschichte allemal, soll Cäcilie im Streit mit ihrem Herrn Krapf doch ein Stück Hefeteig geschnappt und schneeballschlachtähnlich nach dem Gatten geworfen haben. Der duckte sich rechtzeitig und der Hefeteigball landete in einem Topf mit siedendem Fett. Und heißa Heureka – der Krapfen war geboren. Cäcilie soll diesen dem Gattenärger entsprungenen Schatz dann verfeinert haben. Zu Cillikugeln, in deren knuspernden Hefeteigherzen eingelegte Früchte den Genuss verzückten. Dass diese Kugeln ab dem 17. Jahrhundert gerne genossen wurden, ist so gut wie verbrieft. In Wien genauso wie in einer anderen Prunkstadt dieser Zeit. 

In der Kulturgeschichte der Krapfen scheint die ganze Welt zu stecken und auch viel große Geschichte. Absolut unwidersprochen, fix und immer gültig im Zusammenhang mit Krapfen war, ist und bleibt, dass sie Kalorienbomben sind. Das war auch der Grund dafür, dass Geistliche und Mönche sich im Fasching mit den Krapfen regelrecht vollstopften, um genug Energie für die 40-tägige Fastenzeit zu speichern und ihre immerstrammen Bäuche zu schützen. Ab Aschermittwoch sollten die christlichen Vorratskammern frei von Fleisch aber auch frei von Eiern und Schmalz sein, was den ausgelassenen Krapfenspaß zuvor regelrecht anheizte. 

In Tirol kommen die Krapfen in den unterschiedlichsten Ausprägungen daher. Als Faschingskrapfen. Natürlich. In Osttirol als Schlipfkrapfen, eine herrliche Liebschaft aus Nudelteig und pikanter Kartoffelbreifülle. Dass ihr Name genauso schlüpfrig klingt, wie der ihrer Cousinen – der Schlutzkrapfen – liegt daran, dass sie genau so sind – schlüpfrig nämlich – wenn sie auf dem Teller landen und stets kurz darauf warten, mit reichlich brauner Butter, geriebenem Käse und Schnittlauch verschlungen zu werden. Oder als Osttiroler Hochzeitskrapfen, für deren Genuss nicht zwingend zwei feierliche Ja-Worte nötig sind. Und es gibt die Zillertaler Krapfen, die so herrlich zart, knusprig und deftig sind. Ihr Geheimnis ist der dünne Teig, in dessen zu Taschen geformten Blättern eine Mischung aus Kartoffel, Graukäse, Zwiebel und richtig viel Schnittlauch kommt, bevor sie ins Butterschamlz dürfen. Die Krautkrapfen indes kamen auf kulinarischen Schmugglerwegen aus dem Allgäu nach Tirol. Sie sind so etwas wie eine Fusion aus Nudelteig und dem, was in ihrem Namen steckt: Kraut. Mit Kraut, Speck, Kümmel und Zwiebeln kann an sich schon nichts falsch gemacht werden, um nach Deftigem lüsternde Gaumen zu erfreuen. 

Krapfen. Schöner kann ein Versprechen kaum sein. Denn schon im ersten Biss steckt eine ganze Welt.

Text: Alexandra Keller
Fotos: Isabelle Bacher

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