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Zukunft

But first coffee

30.3.2023

Österreich ist eine Nation von Kaffeetrinker*innen und auch wenn laut Marktforschungsinstitut Integral rund ein Fünftel der Befragten wegen der Teuerung aktuell weniger Kaffee trinkt, so heißt das nicht, dass man gänzlich darauf verzichtet. Doch wo viel Konsum, da meist auch viel Abfall. Abgesehen von den umwelttechnisch fragwürdigen Kapsellösungen wird dieser vor allem von Coffee-to-go-Bechern verursacht. Das hat unter anderem auch Daniel Minatti-Krauhs beschäftigt. Er hat Industrial Design mit Vertiefung Eco-Innovation in Graz studiert und sich im Zuge eines Uniprojektes Gedanken darüber gemacht, wie man die zahlreich anfallenden Kaffeeabfälle – sprich Kaffeesatz – sinnvoll verwerten könnte. Meist landen diese schlicht im Biomüll, im besten Fall dürfen sie daheim in kleinem Ausmaß zum Blumen- oder Tomaten dünger werden. „Ich finde es extrem spannend, mich mit einem Thema so lange zu befassen, bis ich die größeren Zusammenhänge dahinter erkenne“, sagt Daniel Minatti-Krauhs und hat in diesem konkreten Fall den nicht unlogischen Konnex vom Kaffee zum Plastik, aus dem die Mitnehmbecher gemacht sind, hergestellt. „Wir brauchen dringend Alternativen zum Einwegplastik und so hat sich unsere Idee wie ein Puzzle Teil für Teil zusammengefügt.“

Die Idee wurde schließlich dinghaft – in Form von seedcup, einem nachhaltigen Einwegbecher aus Kaffeesatz. Wie genau das funktioniert, darf aktuell noch verraten werden, derzeit bewegt man sich Richtung Patentanmeldung und will folglich kein Nachahmer-Risiko eingehen. Kurz und knapp hat das Tiroler seecup-Team – neben Managing Director Daniel Minatti-Krauhs sind das Marketing-Lead Agatha Sowinski und Product-Lead Florian Petter – eine Maschine entwickelt, die aus gepresstem Kaffeesatz und natürlichen Verbundstoffen robuste Becher für den Einmalgebrauch herstellt, die ob ihrer Zusammensetzung komplett biologisch abbaubar sind. Nach zahlreichen Materialexperimenten und Testungen war es so weit: „Wir geben einer Ressource ein zweites Leben“, beschreibt es der Gründer. Der Becher hält heiße Flüssigkeit bis zu 36 Stunden aus, für einen 15-Minuten-Coffee-to-go also mehr als ausreichend. Theoretisch könnte man ihn anschließend einfach in die Natur werfen, gern gesehen ist das vermutlich dennoch nicht. Aber: Der Becher ist tatsächlich heimkompostierbar. Das heißt, er kann problemlos in einem Hauskompostbehälter oder in den grünen Behältern entsorgt werden.


Kaffee im Kaffee: Win-win

Wichtig war den seedcup-Innovativen, die Ressourcen genau dort zu nutzen, wo sie anfallen. Minatti-Krauhs: „Wir wollten von Anfang nicht den Becher anbieten, sondern haben uns auf die Entwicklung der Maschine fokussiert, mit der die Becher im jeweiligen Café direkt vor Ort selbst hergestellt werden können. Damit kann das Café seinen eigenen Kaffeesatz verwerten und diesen als Einweg-Kaffeebecher ausgeben. Das führt einerseits zu weniger Abfall im Lokal und andererseits zu weniger Müll außerhalb.“ Theoretisch könnte man den Becher natürlich auch im Lokal anbieten, das sparte Geschirrspülkosten; den Biomüll wird man so allerdings nicht los.

Aktuell arbeitet man daran, den Pressvorgang so effizient wie möglich zu gestalten und die perfekte Kombination aus Druck und Temperatur zu finden, um den Becher im bestmöglichen Fall sofort einsatzbereit zu machen. „Im schlimmsten Fall dauert es ein paar Minuten“, so Daniel Minatti-Krauhs. Dass er aus dem Designbereich kommt, ist der Maschine übrigens anzusehen. Sie ist ebenso stylisch wie kompakt und passt dadurch in jedes Kaffeehaus-Interieur – im optimalen Fall wird sie gleich nebst der Kaffeemaschine platziert: „Es wäre natürlich cool, wenn wir das Gerät irgendwann direkt mit einer Siebträgermaschine kombinieren könnten.“

Generell hat das Team für sein Start-up eine fünfjährige Finanzplanung aufgestellt, im nächsten Jahr soll laut Plan die Zulassung für den Becher erfolgen, dann kommt der Schritt Richtung Industrialisierung des Verfahrens, um nicht nur kleine Mengen zu produzieren. „Die Masse macht das Produkt aus“, nennt es Minatti-Krauhs.

Wie das seed in den cup kommt, ist indes auch rasch erklärt. Kaffeesatz ist ein guter Dünger, dementsprechend war es ein fast folgerichtiger Gedanke, Samen in den Becher einzupressen, der aufgehen kann, sobald der Becher abgebaut ist. Das ist freilich noch mit ein paar Hürden verbunden, weil man im urbanen Bereich nicht einfach drauflosgärtnern darf, im eigenen Garten funktioniert’s aber schon. „Das ist eher eine langfristige Vision“, so die seedcups. „Doch wir finden es einen schönen Gedanken, die urbane Biodiversität zu fördern, indem man ein Produkt nicht als Abfall sieht, sondern als Basis für etwas Neues.“

Text: Marina Bernadi

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